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Trennkost bitte - Philipp und die Esserei

Es ist zum Verzweifeln. Egal was auf den Tisch kommt, Philipp verschmäht fast alles. Dabei hat er früher sehr vielseitig gegessen. Doch davon sind wir bzw. er momentan weit entfernt. Da wir immer dachten, dass er doch wenigstens einmal am Tag etwas Vernünftiges essen sollte, sind die Situationen beim Essen oft stressig gewesen. Sein Verweigern und dauerndes Abhauen vom Tisch kollidierten da halt oft mit unserem Bedürfnis nach einem gemeinsamen (gemütlichen) Essen. Heute versuchen wir immer noch, ihn zum Essen zu animieren, aber nehmen es hin, wie und was er essen möchte. So können wir alle ein halbwegs stressfreies gemeinsames Essen verbringen.

Philipp isst Nudeln und Geschnetzeltes
Philipp isst Nudeln und Geschnetzeltes

Ich hatte ja schon einmal, in einem früheren Beitrag (Warum Philipp schon immer besonders war) berichtet, dass es mit dem Stillen und auch mit dem Fläschchen eher schwierig war. Wir waren dann wirklich froh, dass es mit der Beikost besser wurde und er da recht unkompliziert war. Wir konnten seinen Ernährungsplan gut aufbauen, da er alles vertragen und gegessen hatte. Es kam uns fast so vor, als wäre er froh gewesen von der Milch wegzukommen. 

So ging es eigentlich auch erst mal positiv weiter. Philipp hat relativ zügig angefangen bei uns mitzuessen und war da absolut nicht wählerisch. Ganz nach dem Motto "Was auf den Tisch kommt, wird gegessen". Er verschmähte so gut wie nichts.

Ich kann jetzt nicht sagen, dass es von heute auf morgen kam, dass sich sein Essverhalten geändert hat.  Vielmehr war es ein schleichender Prozess. Es durfte keine Wurst oder Käse aufs Brot, maximal Butter. Außer eben Butter, aber auch Frischkäse, Sandwichkäse und bis heute Babybel, waren Milch und Milchprodukte nichts auf Philipps Speiseplan. Irgendwann hat er dann kein Gemüse mehr gegessen, das nicht klein gehackt und versteckt in der Soße war (was mittlerweile selbst bei mikroskopisch klein geschnittenem Gemüse nicht mehr klappt). Hackfleisch geht nur noch in einer Bolognese. Fleischpflanzerl, wie wir in Bayern zu Frikadellen sagen, oder Hackbraten, was er so gern gegessen hatte, isst er bis heute nicht mehr.

Gulasch ohne Soße
Gulasch ohne Soße

Und so ging der Abwärtstrend weiter. Irgendwann durfte auf seinen Teller keine Soße mehr. Mit Soße isst er Gerichte nur dann, wenn es vorher schon so zusammengemischt war, so wie ich es bspw. bei Spaghetti Bolognese mache. Alles was so aus einem Topf kommt, ist für ihn scheinbar eine Einheit und wird bzw. wurde gegessen. Gemüse in rohem Zustand geht für ihn gar nicht, in gekochter Form auch nicht. Einzige Ausnahme waren bis vor kurzem noch jede Art von Gemüsecremesuppen. Doch selbst die findet er mittlerweile "Ekel". Auch bei Obst wird die Liste der Sorten, die er essen mag, immer kürzer. Regelmäßig kann ich ihm eigentlich nur noch Äpfel und Erdbeeren anbieten. Bananen und auch Trauben hat er früher geliebt und wir konnten nie genug davon Zuhause haben. Ich weiß noch einer meiner ersten Beiträge war "Eine abgebrochene Banane" - diese Geschichte könnte uns heute so nicht mehr passieren. Vielleicht mit einem Apfel, falls ich diesen falsch schneide.

Was sich in all den Jahren dann doch wieder geändert hatte und zwar ins krasse Gegenteil - Philipp liebt mittlerweile Milch und das so sehr, dass er mindestens einen Liter am Tag trinkt. Genauso isst er jetzt mal einen Naturjoghurt. Joghurt isst er dann auch oft als Soßen-Alternative zu seinem Reis und Kartoffeln dazu. Selbstverständlich muss dabei alle strikt getrennt voneinander auf dem Teller liegen. Joghurt dürfte bspw. niemals mit Früchten vermischt werden. Er bekommt regelrechte Würgereize, wenn er etwas Essen soll, was da gegen seine "Richtlinien" verstoßt. Ist nur ein Klecks Soße auf seinem Teller gelandet, ist das Essen schon gelaufen.

Manchmal überrascht er uns dann auch beim Essen, indem er urplötzlich gebackene Bohnen beim Frühstücken probieren möchte. Ein anderes mal, bereite ich für ihn in weiser Voraussicht eine Alternative vor und dann isst er den Couscous und möchte kein Fleisch sondern nur noch Kichererbsen dazu. Auch damit kann man immer wieder mal rechnen. Erst vor kurzem, kam er nachmittags an und meinte "Mama, Parpoffeln". Er wollte unbedingt eine gekochte Kartoffel.

Über das, was er isst, könnte man sich aufregen. Über die Art und Weise, wie er isst, noch viel mehr.

Wenn Philipp schon mal mit Besteck isst, dann landet schon mal die Hälfte auf ihm oder auf dem Boden. Isst er einen Joghurt, bekleckert er sich spätestens nach dem zweiten Löffel und muss sich unmittelbar ausziehen, denn einen angekleckerten Pullover kann er absolut nicht ertragen. Er kann mit Besteck so einigermaßen gut essen, aber es ist denk ich mal recht anstrengend für ihn. Wir führen ihm oft die Hand mit der Gabel oder dem Löffel zum Mund und je nachdem füttern wir ihn auch immer noch. Und ja, ganz oft nehmen wir es hin, dass er mit den Fingern isst.

Wird man da ein wenig inkonsequent bei der Essens-Erziehung? - Oh ja. Ich weiß, dass Philipp zu manch anderen Kindern noch relativ viel (verschiedenes) isst. Allerdings bemerken wir seit einiger Zeit einen Abwärtstrend und die Auswahl der Lebensmittel, die er mag, wird immer weniger. Und auch wenn er noch keine Mangelerscheinungen hat und auch nicht untergewichtig ist, machen wir uns natürlich schon unsere Gedanken, wohin das noch führen wird. Und trotzdem versuchen wir gerade beim Essen Druck rauszunehmen und ihn nicht zu zwingen etwas zu essen, was er absolut nicht möchte. Und ja, da ist es uns in erster Linie egal, wie er isst.

Wenn er seine Wurst extra zum Butterbrot haben möchte und seine Beilagen getrennt von Fleisch und ohne Soße essen möchte, dann soll er seine Trennkost haben.