Therapie und Fördermöglichkeiten

Zunächst muss gesagt werden, dass eine Autismus-Spektrum-Störung bislang nicht heilbar ist. Dennoch kann durch gezielte Therapie und Förderung die kognitive und sprachliche Entwicklung verbessert werden und auch die soziale Interaktion und Kommunikation kann trainiert werden, so dass Betroffenen ein Leben in einem sozialen Umfeld ermöglicht werden kann.

TEACCH

Treatment and Education of Autistic und related Communication handicapped Children (Behandlung und pädagogische Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikationsbehinderter Kinder)

Mit einem Forschungsprojekt der Universität von North Carolina in den USA, in Chapel Hill, wurde der Grundstein für das TEACCH Programm gelegt. Hierbei ging es in erster Linie um die Einbeziehung der Eltern in die Förderung ihrer autistischen Kinder. Durch Elterninitiative ging schließlich aus dem Forschungsprojekt 1972 das TEACCH Programm hervor.

Während das TEACCH-Programm als staatliche Institution in North Carolina fast einzigartig ist, hat es weltweit gesehen als pädagogisch-therapeutischen Ansatz Anerkennung und Verbreitung gefunden.

Strukturierung:

Bei der Strukturierung geht es darum autistische Kinder beim Lernen zu unterstützen. Hierbei werden Hilfen gegeben um Bedeutungen besser zu verstehen, Zusammenhänge zu erkennen und hilft schließlich Fähigkeiten zu vermitteln um im Alltag besser zurechtzukommen.

Es geht überwiegend um eine räumliche und zeitliche Strukturierung, sowie um strukturiertes Arbeitsmaterial (Beispiele findet ihr hier). Aufgrund der besonderen Informationsverarbeitung, die autistische Menschen haben, profitieren sie von dieser strukturierten Unterstützung. Es fördert ein Gefühl von Sicherheit und die Kompetenz. Dadurch, dass man versteht, wenn, was und wann etwas passiert, kann man sich besser auf eine neue Situation einstellen.

 

  • Räumliche Strukturierung: Raumteiler (z.B. Regale); Teppiche, die bestimmte Bereiche markieren; Ortsbezeichnungen; Zuordnung von Gegenständen zu bestimmten Plätzen; Bilder; Beschriftungen
  • Zeitliche Strukturierung: Klingel, Wörter, Signale, Time-Timer, Anfangs- und Endroutine, Zeitpläne 

Visualisierung:

Menschen mit Autismus sprechen meist sehr gut auf visuelle Reize an. Oft wird diese außerordentliche Fähigkeit unterschätzt, denn sie ihren Blick meist nur kurz auf etwas richten. Trotzdem nehmen sie bei diesem flüchtigen Blick alle Informationen auf, die sie brauchen.

Die visuelle Reizaufnahme ist die bevorzugte Sinneswahrnehmung. Die Visualisierung ist für Autisten beständiger und vor allem klar zu verstehen. Anders als Sprache, die vor allem in der sozialen Sprache für Missverständnisse sorgen kann, da Mimik, Gestik und Tonfall falsch interpretiert werden. So kann man gerade in der Kommunikation Bildkarten verwenden. Eine weitere Möglichkeit ist die Gebärdensprache, da viele Autisten darauf sehr gut ansprechen.

  • Räumliche Visualisierung: Sinn ist es den Orten eine Funktion zu geben, z.B. durch visuelle Barrieren (ein Regal, welches einzelne Bereiche abtrennt, wie Spielen und Schlafen), einzelnene Bereiche durch Symbole kennzeichnen (siehe oben, beim Tisch werden Symbole angebracht, wie "trinken", "essen", "basteln" usw. alles, was nur am Tisch gemacht werden soll), genauso lässt sich z.B. die Garderobe gestalten, wo Jacke, Schuhe und Mütze hingehört
  • Zeitliche Visualisierung: ein visuell gestaltete Tagespläne erleichtern das Verstehen des Alltags, so kann sich z.B. auch auf Abweichungen des regulären Tagesablaufs eingestellt werden, wenn Besuch kommt, der Kindergarten ausfällt, der Ausflug wegen Regen ausfällt usw. (ein Beispiel für einen Tagesplan findet ihr hier), ein Time-Timer (eine Uhr bei der eine immer werdende kleine Fläche, die noch verbleibende Zeit darstellt) oder eine Sanduhr kann genutzt werden, um eine Beschäftigung zum Ende kommen zu lassen (z.B. das Spielen beenden in 5 Minuten, weil dann Essenszeit ist)
  • Visualisierung von Handlungen: Handlungsschritte visuell verdeutlichen (z.B. der Ablauf beim Hände waschen, oder Schuhe binden), ein Tisch-Set mit aufgedruckten Teller, Besteck und Glas, kann helfen beim Tischdecken bzw. während des Essens (wo stelle ich mein Glas nach dem Trinken hin - nicht an den Tischrand sondern wieder auf das aufgedruckte Glas)

AVT (Autismusspezifische Verhaltenstherapie)

Die AVT ist eine Methode zur Behandlung des frühkindlichen Autismus. Neueste Studien ergeben, dass durch eine hochintensive Frühförderung die Hälfte der behandelten Kinder ein normales Intelligenzniveau haben und eine Verbesserung im Sozialverhalten und der Emotionalität zeigen.

 

AVT beruht im wesentlichen auf Methoden der operanten Konditionierung.

Der große Unterschied zu den Anfängen der ABA-Therapie ist es, dass negatives Verhalten nicht bestraft wird. ABA hat aus diesem Grund bis heute noch viele Kritiker und Gegner.

 

Ziel ist es die Kinder zum Lernen zu motivieren. Die durch die AVT  entwickelte generalisierte Neigung zur Imitation des Verhaltens anderer ist die Basis für weiteres Lernen.

PECS (Picture Exchange Communication System)

Bildaustausch-Kommunikationssystem

Dieses Therapieverfahren hilft Kindern mit frühkindlichem Autismus, die schwere Defizite im Bereich der sprachlichen Entwicklung haben oder eine lautsprachliche Kommunikation komplett verweigern.

 

Ziel der Therapie ist es, dass das Kind mit Hilfe der Bildern sprechen lernt. Dazu geht der Therapeut Schritt für Schritt vor.

Im ersten Schritt geht der Therapeut nur dann auf einen Spielwunsch ein, wenn das Kind ihm die entsprechende Bildkarte dazu aushändigt. Dieser erste Schritt ist wichtig und braucht etwas Training. Denn das Kind muss erst lernen, dass es nur durch Kommunikation ans Ziel kommt.

In den nächsten Schritten wird der Therapeut dem Kind beibringen sich immer mehr Aktionen zu wünschen, wofür es die entsprechenden Bildkarten hat. Dabei wird jetzt beim Überreichen der Karte, ein Wort, das die Aktion und somit das Bild beschreibt, eingeübt, z.B. "schwimmen" für eine Karte mit einem "Schwimmbad" drauf.

Nach einigen Trainingsstunden sollte das Kind schließlich nicht mehr per Übergabe der Karte seine Wünsche äußern, sondern allein durch Lautsprache.

Logopädie

Die Sprachentwicklung bzw. mögliche Beeinträchtigungen dieser sind wie alle Symptome bei autistischen Kindern sehr verschieden. Demzufolge unterscheidet sich der Bedarf an Logopädie am jeweiligen Fall.

In den Fällen, wo kaum eine sprachliche Entwicklung vorangegangen ist, geht es in erster Linie um die Sprachanbahnung. Eine funktionierende Kommunikation ist für alle Menschen von großer Bedeutung. Nur so kann eine soziale Isolation vermieden werden.

Wenn eine stark verzögerte Sprachentwicklung vorliegt, sollte sehr früh mit einer logopädischen Behandlung begonnen werden, denn so erhöht sich die Chance auf Erfolg. Das Ziel einer solchen logopädischen Frühintervention ist es, die für die Sprachentwicklung notwendigen Grundkompetenzen aufzubauen und zu fördern.

 

 

 

Ergotherapie

Ergotherapie kann für autistische Kinder eingesetzt werden. Je nach Art der Symptome können verschiedene Therapiemaßnahmen der Ergotherapie angewandt werden.

 

Ziele einer Ergotherapie sind:

  • Verbesserung der Bewegungsabläufe, der Koordination und der Tonusregulation
  • Entwicklung und Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten (z.B. Konzentration)
  • Entwicklung und Verbesserung von sozialen und emotionalen Fähigkeiten (emotionale Steuerung, Kommunikation)
  • Umsetzung und Integration von Sinneswahrnehmungen, sensorische Integration, Verbesserung der Körperwahrnehmung und des Körperschemas
  • Integration des Kindes in Familie und Umwelt
  • Kompensation von Defiziten, auch mit Hilfsmittel

Hörtherapie nach Tomatis

Entwickelt wurde diese Hörtherapie vom französischen HNO-Arzt und Phoniater Dr. Alfred Tomatis. Er hat in seiner Forschung als erster den Nachweis von einem Zusammenhang zwischen Hörwahrnehmung und sprachlich-klanglichen Ausdrucksmöglichkeiten erbracht. Mit seiner Therapie konnte er nicht nur das Hören, sondern auch die Sprache, die Kommunikation und selbst die Persönlichkeitsentwicklung verbessern. Darum gilt die Hörtherapie nach Tomatis als einheitliche Therapie, die immer den ganzen Menschen anspricht und eine Entwicklung der Persönlichkeit als Ziel hat.

Das Ohr hat im Zusammenspiel der Sinne eine besondere Stellung. Denn als Hör- und Gleichgewichtsorgang ist es das einzige Sinnesorgang, das zwei Sinne miteinander vereint. Das Ohr ist in der Lage uns ein besseres Raumgefühl zu geben, beeinflusst unsere kommunikativen Fähigkeiten.

Mit dem Gleichgewichtssinn wird die Wahrnehmung von Bewegungsrichtung und -dynamik ermöglicht, wodurch Bewegungen planvoll und harmonisch sind. Gemeinsam mit dem Hörsinn, der das so entstandene Körperschema, um das Raumschema erweitert, ist Aufmerksamkeit, eine sicherer Orientierung gezieltes Handeln möglich. Durch das Hören wird die Lust zur Kommunikation geweckt und eröffnet so den Weg in ein soziales Leben.

Erste Therapieerfolge sind schnell zu bemerken. Eine Verbesserung des Gleichgewichts, Störgeräusche treten in den Hintergrund und es entsteht ein klareres Klangbild. Verbunden damit ist Stressabbau und eine höhere Konzentrations- und Leistungsfähigkeit.

Zur offiziellen Tomatis Seite für ausführliche Informationen hier.

Therapie nach Affolter

Die Schweizer Psychologin und Therapeutin, Dr. Fèlicie Affolter, entwickelte in ihrer jahrelangen Arbeit mit wahrnehmungsgestörten Menschen das Konzept der Affolter-Therapie. Sie war Schülerin vom Entwicklungspsychologen Jean Piaget. Sie gründete das Sankt Galler Zentrum für Wahrnehmungsstörungen.

 

Die Wahrnehmung beinhaltet sehr komplexe Vorgänge. Sie ist die Voraussetzung um zu lernen und die Fähigkeit zu haben sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Der Mensch ist einem ständigen Anpassungsprozess, täglich muss er sich an Ereignisse, Menschen und Veränderungen in seiner direkten Umgebung anpassen. Die Wahrnehmung beinhaltet alle Mechanismen, die an der Verarbeitung von Reizen beteiligt sind, denen der Mensch in bestimmten Situationen ausgesetzt ist.

 

Affolter stellt in ihrem Konzept das "Spüren und Bewegen" (taktil-kinästhetische Wahrnehmung) in den Mittelpunkt. Babys lernen und begreifen bereits ihre Umwelt mit dem gesamten Körper, mit dem Mund, den Lippen, den Händen. In der weiteren kindlichen Entwicklung werden zielgerichtete Handlungsfolgen ausgeführt, die unter anderem auf Sprache und Sprachverständnis aufbauen. Bei der non-verbalen Interaktion spielt das taktil-kinästhetische System eine große Rolle.

Nach Affolter mangelt es Kindern (und Erwachsenen) mit schweren angeborenen oder erworbenen Schädigungen des zentralen Nervensystems an angemessener, gespürter Interaktion mit der Umwelt. Kindern fehlt in diesem Fall die notwendige Grundlage, einzelne Stufen der geistigen und sozialen Entwicklung zu durchlaufen. Die Folge sind unterschiedlich ausgeprägte Probleme beim selbstständigen Handeln oder Gestalten der Lebenssituation.

Die Affolter-Methode als "Geführte Interaktionstherapie" setzt genau da an. Die wahrnehmungsgestörten Menschen werden gezielt unterstützt, durch praktisches und alltagsbezogenes Lernen. Durch gezieltes Führen des Körpers während alltäglicher Situationen können die spürbaren Information dieser Situation besser erfahren werden. Führen bedeutet, dass der Therapeut oder ein Angehöriger mit dem Körper, den Händen des Kindes Handlungen/Tätigkeiten so ausführt, dass zwischen Kind und Umwelt eine Beziehung hergestellt wird. Ergebnis ist ein sicht- und spürbares Erfolgserlebnis. Affolter betont, dass vor allem mit autistischen Kindern lange gearbeitet werden muss, damit diese die Fähigkeit für die eigenständige Übernahme eines Handlungsablaufes entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, sind viele überschaubare Teilschritte notwendig.

Medikamentöse Behandlung

Eine Behandlung mit Medikamenten soll nicht das Ziel haben ein Kind komplett ruhig zu stellen, sondern vielmehr die Möglichkeit schaffen die Aufmerksamkeit zurückzugewinnen um so Lernen zu ermöglichen und zu erleichtern.

  • Neuroleptika: Neuroleptika oder Antipsychotika werden beispielsweise eingesetzt um Hyperaktivität zu reduzieren. Sie dienen vor allem zur Veränderung des Verhaltens eines Kindes. Zu den Neuroleptika zählen unter anderem Risperidon und Olanzapin.
  • Antidepressiva: Diese werden verabreicht bei depressiven Syndromen (Asperger-Autisten sind leiden häufig an Depressionen). Bei Kindern ist die Behandlung mit Antidepressiva nur mit einem Arzt möglich und unterliegt strengen gesetzlichen Bestimmungen. Behandelt werden in erster Linie Zwangserkrankungen und Angststörungen. Mit Antidepressiva werden repetitive Verhaltensweisen, Wutausbrüche, Depressionen, Ängste und Aggressionen behandelt. Dazu zählen unter anderem Medikamente wie Fluoxetin, Sertralin und Paroxetin.
  • Stimulanzien: Einige autistische Kinder weisen in ihrem Verhalten Grundmuster von ADHS auf. Um die Aufmerksamkeit zu steigern wird das Medikament Methylphenidat (Ritalin) zur Behandlung verabreicht, manchmal auch Adderall.