Bis zur Diagnose

Die hier aufgeführten Untersuchungsmethoden sind aus den Leitlinien für periphere Hörstörungen im Kindesalter der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie, gekürzt auf ein verständliches Maß.

Das Neugeborenen-Hörscreening

Seit 1.1.2009 wird das Neugeborenen-Hörscreening durchgeführt. Grund dafür ist die frühzeitige Erkennung von Hörstörungen. Wird ein vermindertes Hörvermögen frühzeitig diagnostiziert und therapiert, haben die Kinder eine bessere allgemeine und sprachliche Entwicklung.

Neugeborene sollen mit automatisierten Systemen zum Messen von transitorisch evozierten otoakustischen Emissionen (TEOAE) und/oder auditorisch evozierten Hirnstammpotentioalen (Hirnstammaudiometrie, AABR) untersucht werden. Diese Messung soll bei Neugeborenen bis zum 3. Lebenstag, bei Frühgeburten bis spätestens zum Zeitpunkt des errechneten Geburtstermin erfolgen.

Bei auffälliger Testung soll möglichst noch am gleichen Tag bzw. bis zum 14. Lebenstag (U2) ein Rescreening mit AABR durchgeführt werden.Ist auch diese Messung auffällig, soll bis zur 12. Lebenswoche eine pädaudiologische Diagnostik erfolgen. Die Diagnosesicherung für Kinder mit auffälligem Screeningbefund sollte bis zum dritten Lebensmonat erreicht sein, um bei allen Kindern mit Hörstörungen möglichst früh in den ersten sechs Lebensmonaten eine Therapie einleiten zu können.

Bei auffälligem Befund sollte der nächste Schritt der Weg in eine Pädaudiologie sein. Nur dort sind speziell auf Kinder geschulte Pädaudiologen und Personal, die nachführende Untersuchungen durchführen.

Klinische Untersuchung: Im Rahmen der Erstabklärung soll eine Ohrmikroskopie und der vollständige Untersuchungsbefund Kopf-Hals erhoben werden. Die Ohrmikroskopie dient zur Beurteilung des Trommelfellbefundes.

 

Tonschwellenaudiometrie: Die Bestimmung der frequenzabhängigen Hörschwelle in Luft- und Knochenleitung. Wichtig um die Hörbarkeit von Sprache abzuschätzen. Hierzu werden akustische Reize benutzt (schmalbandige Stimuli, wie Schmalbandrauschen, gewobbelte Sinustöne oder Sinustöne). Bei Kindern benutzt man hierzu kindgerechte Alltagsgeräusche (Hundegebell, Kirchenglocken, Autohupen, Kinderlieder). Durch Variation des Schaldruckpegels nähert man sich so der Reaktionsschwele des Kindes. Eine sichere Ableitung der Hörschwelle ist das je nach Entwicklungsalter des Kindes jedoch nicht. Die Schalldarbietung erfolgt entweder über die Freifeld-Audiometrie, was aber keine seitengetrennte Prüfung des Hörvermögens ermöglicht und so eine einseitige Hörstörung übersehen werden kann, oder über Kopfhörer. Zur Unterscheidung einer Schallleitungs- und Schallempfindungsschwerhörigkeit, ist eine Ermittlung der Knochenleitungshörschwelle erforderlich. Hierbei werden Signale über den Knochenhörer auf das Mastoid übertragen. Um die Hörschwellen so zu bestimmen bedarf es der Beobachtung des Verhaltens je nach Entwicklungsalter bzw. der Reflexe auf akustische Stimuli. Die ermittelte Reaktionsschwelle kann jedoch unterschiedlich weit über der Hörschwelle liegen. Um eine Reaktion näher der Hörschwelle erreichen zu können, sollten Kinder bereits ab einem Alter von 6 Lebensmonaten darauf konditioniert werden. Ab einem Alter von 30 Monaten, wenn ein Kind Anweisungen befolgen kann, kann das Kind durch Spielhandlungen motiviert werden auf einen Schallreiz zu reagieren.

 

Sprachaudiometrie: Sprachaudiometrische Untersuchungen erlauben das Hörvermögen des Kindes im Hinblick auf die sprachliche Entwicklung zu ermitteln.

 

Tympanometrie: Wird ergänzend zur Ohrmikroskopie zur Beurteilung der Mittelohrfunktion eingesetzt. Sie dient als Test für den Nachweis eines Mittelohrergusses.

 

Stapediusreflexaudiometrie: Gibt Informationen zur Mittelohrfunktion und der Schallverarbeitung im Innenohr und im Hirnstamm.

 

Otoakustische Emissionen (OAE): Die Messung der OAEs soll Aufschluss über die Funktion der äußeren Haarzellen geben, die meist bei einer Schallempfindungsschwerhörigkeit betroffen sind. Eine Schalleitungsstörung (z.B. durch Mittelohrerguss) behindern einen Nachweis der OAE.

 

BERA (Brainstem Evoked Response Audiometry): Die BERA misst die frühen auditorisch evozierten Potentiale der Hörbahn bis einschließlich des Hirnstamms. Sie dient der genauen Abklärung der Hörstörung und gibt einen frequenzspezifischen Befund der Hörschwellen. Damit ist sie die genaueste Methode zur genauen Bestimmung des Hörverlusts bei jungen und/oder Kindern, die bei anderen Messungen nicht aktiv mitmachen. Die BERA wird meist im Spontanschlaf oder Sedierung bzw. in Narkose durchgeführt.

 

Sprachentwicklungs - und Entwicklungsdiagnostik: Bei diagnostizierter Hörstörung ist die sprachliche Entwicklung und ggf. die allgemeine Entwicklung zu untersuchen.

 

Bildgebende Verfahren: Bei geplante Versorgung mit einem Cochlea-Implantat oder einem implantierbarem Hörgerät, Verdacht auf Raumforderungen oder Vorliegen einer Fehlbildung.

 

Vestibularisdiagnostik: Bei sensori-neuraler Hörstörung mit vestibulären Symptomen

 

Humangenetische Beratung und Diagnostik: Nach der Diagnose einer permanenten Schwerhörigkeit kann eine humangenetische Untersuchung gemacht werden. Die genetische Diagnostik kann zum einen den Befund der vorliegenden Schwerhörigkeit bestätigen und zum anderen können rezessive, dominante und x-chromosomale Störungen differiantialdiagnostisch abegegrenzt werden.