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Was sind schon Worte?

Ihr kennt das bestimmt von euren Schützlingen. Diese Schwierigkeiten mit der Kommunikation. Nicht etwa unbedingt ein grundsätzliches Problem sich zu verständigen. Nein, dieses zu wörtlich nehmen von Dingen, die man sagt. Oder aber es nicht zu verstehen, wenn man über etwas redet, das absolut nichts mit der aktuellen Situation zu tun hat.

Das hat letztes mal meine Schwester zum schmunzeln gebracht, als ich ihr davon geschrieben hab, wie schwierig es doch manchmal ist, Philipp Dinge vorab zu erklären. Genau ging es da um die Thematik, dass er ja mit dem Bus in die SVE fahren sollte. Ich schrieb ihr: "Wenn man ihm das vorher immer besser erklären könnte. Aber er hört ja entweder nicht zu oder versteht nicht was man von ihm will. Wenn ich vom Bus rede und es ist aber kein Bus da und in dem Moment will er auch nicht Bus fahren, weil er ja zuhause ist, dann versteht er auch nicht, warum ich vom Bus rede."  Daraufhin rief sie mich dann an und meinte: "Wäre es nicht so ernst, könnte man fast darüber lachen, weil man sich so richtig vorstellen kann, was in seinem Kopf vorgeht..."

Das ist nur ein Beispiel, wo man genau sieht, dass Philipp oft einfach nicht versteht, warum ich über etwas bestimmtes mit ihm rede. Wenn er mittags nach Hause kommt und ich ihn dann später frage "Philipp, wie war es im Kiga? Was hast du gemacht?". Dann schaut er mich entweder nichtssagend an, so nach dem Motto: Was willst du denn jetzt? Ich bin nicht im Kiga. Kann auch sein, dass er wütend wird, weil er denkt, er soll jetzt in den Kiga gehen. Er hat einfach nicht alles verstanden. Und in jedem Fall passt das Thema nicht zu dem, was er gerade tut, also bedarf es auch keiner Kommunikation darüber. Fertig.

Sicherlich hängt da auch sein mangelndes Sprachverständnis damit zusammen. Es fällt ihm schwer sich auf alles, was man zu ihm sagt, zu konzentrieren. Und so nimmt er oft nur einzelne Wörter auf, die dann für ihn mal mehr mal weniger Sinn ergeben. Passen die Worte zur Situation, fällt es ihm leichter, den Sinn dahinter zu verstehen und dementsprechend vielleicht sogar eine Antwort zu geben oder danach zu handeln. Hat die Situation mit den Worten absolut gar nichts zu tun, rasseln die durch das Sieb durch und ein leerer Blick bleibt übrig. Immer wieder schön diese Unterhaltungen....

Witzig wirds, wenn dann Worte zu wörtlich genommen werden. Hab ich bei ihm jetzt bewusst so letztens das erste mal erlebt. Inspiriert dadurch, dass er den Start in der SVE so toll gemeistert hat, hab ich ihm eine neue Brotdose gekauft. Auf dem Deckel ein Superheld. Ich zeig ihm ganz stolz als er nach Hause kam, seine neue Brotdose. Freudensprünge habe ich ja ohnehin nicht erwartet, ich kenne ihn ja. Und sag zu ihm so: "Schau mal Philipp, ein Superheld, genau wie du. Du bist auch Mamas Superheld." Ich mach die Pose des Superhelden nach und steh also so vor ihm. Er schaut mich so an und dann seine Brotdose und meint dann nur ganz zögerlich "Nein". Natürlich ist er trotzem mein Superheld und das sage ich ihm auch noch mal, Mütter eben. Und er meint nur, als er wieder ganz skeptisch mich und dann den Deckel seiner Brotdose angeschaut hat "Nein. Geht nicht." Jetzt kennt er natürlich die verschiedensten Helden aus diversen Fernsehserien, aber er weiß auch, dass er eben keiner ist. Ich hörte dann förmlich seine Gedanken "Mama spinnt wohl, jetzt soll ich auch noch fliegen können." Ich habe ihn dann später von der Küche aus gesehen, als er dann immer wieder ganz argwöhnisch die Brotdose begutachtet hat und musste dann echt lachen. Da hatte ich wieder was angerichtet.

Was sind schon Worte? Uns gehen sie leicht und oft zu schnell über die Lippen. Wir verstehen ganz leicht den Sinn dahinter, wenn uns jemand auffordert etwas zu tun oder uns etwas erzählt wird. Wir hören die Ironie aus manchen Aussagen heraus. Lachen über einen Witz und wissen, wenn etwas mal nicht so ernst gemeint ist. Erkennen, wenn etwas übertrieben ist oder vielleicht einmal geflunkert wird. Das alles fällt unseren Kindern unheimlich schwer. Oft macht es das Leben mit ihnen schwerer und manchmal führt es einfach dazu, dass man ein wenig was zu schmunzeln hat.

Dafür und noch für viele andere Dinge liebe ich meinen Superhelden.

Auch wenn er nicht fliegen kann.